"Long Walk Home": Kritik zum Drama über Australiens düstere Geschichte auf ARTE (2024)

Phillip Noyce beleuchtet in 'Long Walk Home – Der lange Weg nach Hause' ein düsteres Kapitel australischer Geschichte: Die Zwangseinweisung von Aborigine-Kindern in Umerziehungslager. Der von Arte gezeigte Film basiert auf dem Buch 'Follow the Rabbit-Proof Fence' und erzählt die Geschichte einer dramatischen Flucht.

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"Long Walk Home – Der lange Weg nach Hause"

Drama • 09.08.2024 • 20:15 Uhr

Das Gold für die Leichtathletin Cathy Freeman bei den Olympischen Spielen 2000 hatte Folgen: Es bedeutete für das Gastland Australien auch die Verbreitung von unangenehmen Wahrheiten aus seiner Geschichte. Denn die Sportlerin stammt von den Aborigines ab und scheute nicht davor zurück, sich im Medienrummel für ihr Volk stark zu machen. So hörte die Welt von den "gestohlenen Kindern", zu denen auch Freemans Großmutter gehörte: Bis in die 70er-Jahre entriss die Regierung Kinder gewaltsam ihren Familien, um sie in die "weiße" Gesellschaft zu assimilieren, wie es auch in Teilen der USA und Kanadas mit indigenen Kindern getan wurde.

Einige konnten ausbrechen und versuchten, mit Gewaltmärschen durch die lebensfeindliche Wildnis wieder nach Hause zu kommen. Von einer solch dramatischen Flucht und von dem starken Willen, ihre Mütter wiederzusehen, erzählt Phillip Noyces Film "Long Walk Home – Der lange Weg nach Hause" von 2002, den ARTE nun zur Primetime wiederholt. Der Film basiert auf dem Buch "Follow the Rabbit-Proof Fence", in dem die 2014 verstorbene Schriftstellerin Doris Pilkington, ebenfalls Aborigine, die Geschichte ihrer Mutter Molly erzählt. Es gehört heute in vielen australischen Schulen zur Pflichtlektüre.

Die tragische Geschichte der "Stolen Generations"

Die 14-jährige Molly (Everlyn Sampi) lebt mit ihrer jüngeren Schwester Daisy (Tianna Sansbury) und ihrer Cousine Gracie (Laura Monaghan) in Jigalong, West-Australien. 1931 bekommen sie die Auswirkungen der australischen Rassenpolitik zu spüren. Diese setzte sich zum Ziel, vor allem sogenannte "Mischlingskinder" von ihren Eltern zu trennen, um sie in speziellen Heimen zu Weißen zweiter Klasse zu erziehen – einsetzbar als englisch sprechende Hausangestellte und Farmarbeiter. Jeglicher Kontakt zu den Familien und zur Aborigines-Kultur und -Sprache wurde unterbunden. So sollte auch das "Eingeborenen-Blut" bei den Mischlingen innerhalb von drei Generationen eliminiert werden.

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Unaufhaltsam dringen die Schergen der Regierung in die hintersten Ecken Australiens vor. In einem Camp leben die drei Mädchen mit ihren Aborigine-Müttern – die Väter, weiße Wanderarbeiter, sind längst weitergezogen. Hier spielt sich eine der grausamen Szenen ab, die in der Vergangenheit Australiens unzählige Male stattfanden und zu dem Begriff "Stolen Generations" führte: Ein Polizist entreißt den schreienden Müttern die weinenden Kinder. Nicht nur den überzeugenden jungen Laiendarstellerinnen mit ihrem intuitiven und starken Spiel, sondern auch dem ganzen Filmteam erschien diese Szene wie ein Trip in der Zeitmaschine. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass zwischen 1910 und 1976 um die 100.000 Kinder verschleppt wurden und jede Aborigine-Familie betroffen war.

2.000 Kilometer entfernt von Jigalong sollen die Mädchen nun in einem streng geführten Heim leben. Doch insbesondere Mollys Freiheitswille lässt sich nicht brechen. Sie beschließt, mit den jüngeren Mädchen zu fliehen. Als Orientierung für den Weg zurück dient der "Rabbit-Proof Fence", der "Kaninchen-sichere Zaun", der das Farmland von Kaninchenland trennt. Die Polizei und der erbarmungslose Spurensucher Moodoo sind dem Trio bereits auf den Fersen in einem kargen Land im Outback, das kaum Verstecke bietet und in dem jede Begegnung mit anderen Menschen eine potenzielle Gefahr darstellt.

Ein bis heute aktuelles Thema

Dem Thriller-Spezialisten Phillip Noyce ("Die Stunde des Patrioten") gelingt es in "Long Walk Home", immer wieder neu Spannung aufzubauen. Dabei helfen die überzeugenden Kinderdarsteller in präzise gezeichneten Charakteren sowie das Zusammenspiel von faszinierender, wenn auch lebensfeindlicher Landschaft und den Menschen. Während die Weißen ständig wie Eindringlinge in der Wildnis wirken, ist den Kindern anzumerken, dass sie in dieses Land gehören. Peter Gabriels Soundtrack, in dem sich die Percussion-Instrumente der Aborigines mit ihrem Gesang, australischen Vogellauten und Didgeridoo-Klängen verbinden, verstärkt die Emotionen im Überlebenskampf.

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Gruselig dagegen wird es bei Kenneth Branaghs Auftritten als Verwaltungschef der Aborigines. Er gibt den europäischen Bürokraten mit Angst vor Chaos, der auch noch ehrlich glaubt, mit seinen lächerlichen Rassentheorien und Aktionen den Aborigine-Kindern langfristig zu helfen.

"Long Walk Home – Der lange Weg nach Hause" wurde zu Recht international vielfach preisgekrönt, allein bei den australischen AFI (Australian Film Institute) Awards erhielt er Preise in den Kategorien Bester Film, Beste Musik und Bester Ton. Dass das Rassismus-Thema in Australien bis heute anhält, zeigte nicht zuletzt im Herbst 2023 das Ergebnis eines Referendums, bei dem sich eine klare Mehrheit der Australier gegen die Stärkung der Rechte der Aborigines aussprach. Das macht Filme wie "Long Walk Home – Der lange Weg nach Hause" dringend nötig und wichtig.

"Long Walk Home – Der lange Weg nach Hause" – Fr. 09.08. – ARTE: 20.15 Uhr

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Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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